"Sorry, hab‘ ich nicht gesehen…“

10.11.2017 geändert vor 7 Monaten

BL-Schiri Workshop zum Thema „Lernen mit Fehlern umzugehen“

Zyniker würden vielleicht meinen, wir sollten uns lieber damit beschäftigen, wie wir Fehler vermeiden können, da wir als Schiedsrichterinnen und Schiedsrichter eigentlich keine Fehler zu machen haben. Tatsächlich sind auch die meisten unserer Fortbildungsaktivitäten, wie auch die Besprechungen und Videoanalysen nach jedem Spiel, genau darauf ausgelegt. So haben wir in den letzten Jahren viel dazugelernt, einheitlichere Interpretationen geschaffen und mehr diskutiert. Dennoch machen wir Fehler. Fehler zu machen sei ja menschlich, sagt man gerne. Manchmal machen wir technisch sogar alles richtig, es wird dennoch als Fehler aufgefasst; manchmal machen wir auch Fehler, die nur uns selbst auffallen. Denn was ein Fehler ist liegt sehr oft im Auge des Betrachters, gerade in einem Sport wie Hockey, in dem das Regelwerk Einiges an Raum zur Interpretation und Auslegung offen lässt.

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Damit aus einem (vermeintlichen) Fehler nicht gleich zwei werden, weil wir uns durch eine falsche oder strittige Entscheidung aus dem Konzept bringen lassen, haben wir uns beim diesjährigen Workshop für Bundesligaschiedsrichterinnen und Schiedsrichter eingehend damit beschäftigt, wie man lernt, mit Fehlern umzugehen. Unter Anleitung des Sportpsychologen Sebastian Altfeld, der in Deutschland selbst Basketballschiedsrichter ist und Seminare für Schiedsrichterinnen und Schiedsrichter unterschiedlichster Sportarten leitet, haben wir analysiert, was mit und in uns geschieht, wenn wir einen Fehler machen, und Strategien gelernt, damit umzugehen. Durch unterschiedliche Übungen und in Kleingruppenarbeit konnten wir selbstreflexiv erarbeiten, wie wir Fehler für uns definieren, welchen Einfluss sie auf uns haben, und wie wir bisher damit umgegangen sind. Im Austausch mit den Kolleginnen und Kollegen erarbeiteten und erlernten wir dann neue Strategien, um in Zukunft besser auf solche Situationen reagieren zu können.

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Spannende Diskussionen zeigten, dass wir nicht nur sehr unterschiedliche Mechanismen verwenden, um mit Fehlern umzugehen, sondern auch, dass wir teilweise sehr unterschiedliche Auffassungen davon haben, was überhaupt Fehler sind, und welchen Stellenwert sie für uns haben. Die große Heterogenität der Gruppe der BL-Schiris in Österreich, die unter anderem internationale Schiris, viele aktive Spielerinnen und Spieler unterschiedlichster Niveaus, wie auch Teilnehmerinnen und Teilnehmer am Ausbildungsprogramm umfasst, ist zwar sicherlich auch eine Herausforderung im Schiri-Alltag, bringt aber auch Vorteile mit sich – gerade in Settings wie diesen. Neben dem Erlernen neuer Tools und Strategien war somit sicherlich der Einblick in die Denkweise der Kolleginnen und Kollegen eine sehr wertvolle Erfahrung, die es nun aufs Feld (und natürlich in die Halle) mitzunehmen gilt.

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Zum Abschluss gab uns Sebastian eine Take-Home-Message mit, die nicht nur Schiedsrichterinnen und Schiedsrichter beherzigen sollten, sondern über die vielleicht auch Spielerinnen und Spieler, Funktionärinnen und Funktionäre, sowie Zuseherinnen und Zuseher noch einmal nachdenken sollten: um sich zu verbessern (egal in welchem Bereich) muss man Erfahrungen machen; Erfahrungen macht man (auch) durch Fehler. Während wir uns wohl alle darüber ärgern, wenn Schiris Fehler machen, sollten wir dabei also nicht vergessen, dass jeder Fehler auch eine Möglichkeit ist, etwas zu lernen, und schlussendlich dadurch auch besser zu werden. Die Frage ist halt immer, wie man damit umgeht.

Bericht von Xenia Ulrich